Vor 20 Jahren, am 9. Oktober 1991, ging Augsburgs berühmter Schlagerheld Roy Black für immer von uns. Dazu bringen wir die ungeschminkte Geschichte seiner unglaublichen Karriere vom kleinen Dorfbuben zum großen Showstar.
Ein Kuss von dir und ich bin happy!
Roy Blacks
Leben
erzählt von
Arno Loeb
1. Kapitel: Roy
Blacks Geburt in einem Walddorf
Dicke Schneeflocken schwebten am
Abend des 25. Januar 1943 auf die Dachziegel eines stattlichen Hauses in einem
kleinen süddeutschen Dorf am Waldrand. In Europa tobte der 2. Weltkrieg. Nach
zwei harten Kriegswintern mit hohen Minustemperaturen war dieser Winter wieder
leichter zu ertragen. Bei Kerzenschein, Stromsparen war damals in Deutschland
oberste Devise, kniete die Hebamme aus dem Nachbardorf neben dem Bett von
Elisabeth Höllerich und sprach mit typisch aufmunternder und kraftspendender
Hebammen-Routine: „Pressen! Fester! Noch fester! Und tief durchatmen! Und
weiter pressen!“
Das flackernde Holz im Küchenherd
erhitzte das Wasser im Topf, und über der Stuhllehne hingen weiße Leinentücher
bereit. Aus dem Radio auf der Küchenkommode kamen die Nachrichten von den
Kriegsfronten und von dem Zusammenschluss der Großwirtschaftsräume Asien und
Europa gegen die Alliierten, vereinbart beim Treffen des Außenministers Joachim
von Ribbentrop mit dem japanischen Botschafter.
„Eine Frau wird durch die Liebe
erst schön“, verkündete mit ihrer rauchigen Stimme Zarah Leander aus dem
Volksempfänger, und Johannes Heesters ließ den Titel „Durch dich wird diese
Welt erst schön“ bei der Sendung mit den Grüßen und Wünschen von den Soldaten
in noch weit entfernten Schützengräben an ihre Liebste oder Frau erklingen.
Roys
Geburtsurkunde
Die verheiratete
Feldwebelsgattin Elisabeth Höllerich, geb. Mayer, katholisch, wohnhaft in
Straßberg, Haus Nummer 55 1/2, Ehefrau des Oberfeldwebels Georg Höllerich.
protestantisch, wohnhaft zurzeit beim Heer, hat am 25. Januar ‚1943 um 20 Uhr
einen Knaben geboren. Das Kind hat die Vornamen erhalten: Gerhard Georg.
Eingetragen auf mündliche Anzeige der Hebamme Sofie Heinzelmann - Wehringen.
Die Anzeigende erklärte, daß sie bei der Niederkunft der Elisabeth Höllerich
zugegen gewesen sei“, schreibt am 27. Januar 1943 der Dorf-Bürgermeister und
Standesbeamte Otto Becherer in die Geburtsurkunde des fleißig krähenden Babys,
das 22 Jahre später als Roy Black zum Superstar des Schlagers wird.
Roy Black wurde in eine düstere
Kriegsära hineingeboren. Bereits im Sommer und Herbst 1940 explodierten die
ersten Spreng- und Brandbomben bei Bobingen und Straßberg, angelockt durch die
hiesige Kriegsmaterialproduktion. Roy Blacks Geburtsort, das Waldranddorf
Straßberg, liegt auf einem Hang beim Gebirgsfluss Wertach, der aus dem Allgäu
kommend zwischen Straßberg und Bobingen nach einigen Kilometern durch Augsburg
fließt, sich dort mit dem anderen Gebirgsfluss Lech vereinigt, um ihre
gemeinsamen Fluten bei Donauwörth in die Donau münden zu lassen.
Kommunalpolitisch wird Roy Blacks Schicksalsort Straßberg beim bayerischen
Regierungsbezirk Schwaben eingeordnet, dessen Hauptstadt das 2000jährige
Augsburg ist, ein ehemaliges Römerlager.
Sein 750jähriges Gründungsjubiläum
feierte Straßberg im Jahre 1996 und der Erste Bürgermeister Hartmut Gärtner
formuliert in der Festschrift: „Am Rande der Westlichen Wälder zur Wertachebene
ausblickend, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte ein gewachsenes
blühendes Dorf mit einem Schloss als weithin sichtbares Wahrzeichen, das seinem
Wappenbild, der Rose, alle Ehre macht.“ Die Straßberger Wappenblume und sein
späterer Mega-Hit „Ganz in Weiß“ hat auch Rosemarie Metzler, die Vorsitzende
des „Freundeskreis Roy Black e.V.“ aus Allensbach dazu inspiriert, mit der
Fürstin von der Blumeninsel Mainau im Bodensee eine weiße „Roy-Black-Rose“ zu
kreieren und zu züchten.
Der Heimatforscher Wolfgang
Stingl berichtet über Roy Blacks Straßberg aus der Ortsgeschichte: „Die
natürlichen Gegebenheiten im Bereich des späteren Dorfes Straßberg ließen es
sicherlich schon den vorzeitlichen Menschen als günstig erscheinen, sich hier
anzusiedeln. Die Grundvoraussetzungen für das Sesshaftwerden, die ausreichende
Versorgung mit Nahrung, war hier, mit jagdbarem Wild, Wiesenflächen für die
Viehzucht, fruchtbare Böden für den Ackerbau und ausreichend Wasser in bester
Weise gegeben. Außerdem bot sich dieser Raum zur Anlage solcher Siedelplätze
an, die dem Sicherheitsbedürfnis der damaligen Menschen entsprachen, also
Plätze, die Schutz vor Naturgewalten wie Hochwasser, als auch, entsprechend
gefestigt, vor feindlichen Sippen und Stämmen boten.“
Stingl berichtet bei seinen
Straßberg-Geschichts-Recherchen aus der vorzeitlichen Roy-Black-Landschaft auch
über „Gräberfelder mit Arm- und Ohrringen, Beilen, Dolchen und Nadeln aus der
Bronzezeit“, über den „Abbau von Eisenerz im Mittelalter“ und „ungarnzeitliche
Befestigungen, die als Fluchtort für die Straßberger Bevölkerung im Mittelalter
vor dem kriegerischen Reitervolk aus dem Osten dienten.“ Erstmals schriftlich
erwähnt wird Roy Blacks Heimatort Straßberg in einem Kaufvertrag des Bischofs
Siboto von Augsburg vom 8. September 1246, in dem Straßberg noch „Strazperg“
genannt wird.
Mit einem gewissen Stolz
vermerkt auch die „Festschrift der Dorfgemeinschaft“ zur 750-Jahr-Feier den Mega-Star
„Gerhard Höllerich alias Roy Black“ als „Persönlichkeit aus Straßberg“ und
vermerkt dazu: „Auch nach seinem Wegzug aus Augsburg-Göggingen riss der Kontakt
zu dem Ort seiner Jugendzeit nie ganz ab. Unter dem Künstlernamen Roy Black
durchlief er nach seinem ersten großen Hit ‚Du bist nicht allein‘ im .Jahre
1965 als Schlagersänger eine aufsehenerregende Karriere. Für seinen Erfolgstitel
‚Ganz in Weiß‘ wurde ihm 1968 die Goldene Schallplatte verliehen. Roy Black
wurde außerdem ein beliebter Film- und Fernsehstar.
Am 9. Oktober 1991 starb der
Künstler Roy Black überraschend im Alter von 48 Jahren an Herzversagen. Wie
beliebt und unvergessen er bei seinen Fans ist, zeigt die ständige liebevolle
Schmückung seines Grabes auf dem Straßberger Friedhof.
Roy Blacks Vater, der
Oberfeldwebel Georg Höllerich, „der die italienische Front verteidigen musste“,
hatte vor Roy Blacks Geburt einen „Weihnachtsbrief vom Bürgermeister erhalten:
„So sieht Euch die dritte Kriegsweihnacht wiederum in fremdem Lande, fern der
überaus geliebten Heimat. Unendlich viele von Euch aber haben in höchster
soldatischer Pflichterfüllung ihr junges Leben zum Wohle der ganzen Nation
gegeben. Mit Euch blutet uns das Herz um jeden einzelnen dieser gröten Helden,
die ihr Höchstes gaben, damit wir leben können. Immer wird die Heimat dieser
gewaltigsten Opfer eingedenk bleiben und ewig in Eurer Schuld stehen. Mit all
Euren lieben Verwandten, Frauen und Kindern wünsche ich Euch ein glückhaftes
Weihnachten. Für das Jahr 1942 wünsche ich Euch ein dauerndes Wiedersehen mit
Euren Lieben in der teuren Heimat und damit den Endsieg. Und nun, liebe
Soldaten, rufe ich Euch aus ganzem Herzen zu: Auf Wiedersehen! Heil Hitler!“
Roy
Blacks Hebamme
Nachdem die müde Hebamme mit dem
warmen Wasser den schrumpeligen 5-Pfund-Roy sauber wusch, mit den weißen
Leintüchern abtrocknete und dann zu der glücklichen Mutter ins Bett reichte,
legte sie sich erschöpft auf dem Kanapee in der Küche zum Schlafen. Sofie
Heinzelmann, deren geflügeltes Wort bei den schwangeren Müttern immer lautete:
„Jetzt kommen die Heinzelmännchen ins Haus und erledigen die Arbeit für euch“,
hatte an diesem Tag in Straßberg geholfen, drei Kinder auf die Welt zu bringen.
Die fleißige Hebamme, die aus dem Nachbardorf Wehringen mit einem
Kinderholzschlitten - auf den sie ihre Hebammensiebensachen gebunden hatte - im
Schlepptau zu Fuß auf den verschneiten Feldwegen nach Straßberg gekommen war,
musste an diesem denkwürdigen Tag beinahe Akkordarbeit leisten.
In dem schwäbischen Dorf beim
Rauhen Forst, das auf einem Eiszeithang neben dem Gebirgsfluss Wertach liegt,
erblickte mit dem kleinen Gerhard noch das Mädchen Maria Schwarzfischer und der
Bub Fritz Kaiser das Licht der Welt. Von diesem Straßberger Geburts-Trio lebt
heute nur noch die Maria. Fritz Kaiser, geboren am 25.1.1943 zu Straßberg, der
bei einem Motorradunfall ums Leben kam, liegt jetzt zusammen mit Roy Black auf
dem Friedhof ihres gemeinsamen Geburtsortes.
Oft sind Mutter und Hebamme
gefragt worden, ob sie schon am ersten Schrei des kleinen Roys erkannt haben, dass
sie einen zukünftigen Schlager-König in den Händen hielten. „Ich glaube, für
jede Mutter hat der erste Schrei ihres ersten Kindes eine wunderbare Melodie“,
antwortete Elisabeth Höllerich diplomatisch auf diese Frage. „Ich habe nie ein
Baby schöner schreien hören“, lobte Sofie Heinzelmann die Stimmbandkünste des
wenige Sekunden alten Roys bei dieser schwierigen Anfrage der neugierigen
Medien. Für eine Reportage unter dem Titel „Roy Black ganz privat“ lässt sich
Roy Black 26 Jahre später zusammen mit seiner Hebamme Maria und deren zwei
Enkelkindern ablichten.
Feurige
Briefe
Als Mitte der Sechziger ein
Jugendmagazin schreibt, Roy Black hätte sich hämisch über seinen Geburtsort
Straßberg geäußert und ihn als „stinklangweiliges, provinzielles Kaff
geschmäht, bekommt der sangesbegabte Junge aus Straßberg mächtig Zoff mit
seinem dortigen Bürgermeister. Es ist der Sohn jenes Otto Becherer, der 1943
Roy Blacks Geburtsschein ausgestellt hatte. In einem feurigen Brief lässt
Bürgermeister Becherer ,Junior das „Straßberger Gewächs“ Roy Black nach der
angeblichen Heimatbeleidigung schriftlich wissen, dass sich der arrogante
Jungstar „nicht mehr in seinem Heimatdorf blicken lassen soll, bis diese
Straßberg-Schmähung aus der Welt ist.“
Ebenfalls schriftlich teillt,
der zu Unrecht beschuldigte Roy seinem aufgebrachten Bürgermeister mit: „Mir
ist es unverständlich, wie dieses Magazin das schreiben konnte, was ich nie
gesagt habe. Ich habe den betreffenden Artikel erst nach Ihrem Hinweis gelesen.
Ich mag Straßberg, ich finde es schön und komme immer gern in meinen Heimatort
zurück.“ Roy Black durfte dann wieder nach Straßberg kommen und mit dem
strengen Bürgermeister, der hauptberuflich Malermeister war, eine helle Maß
Bier im Biergarten der Dorfwirtschaft trinken.
Roy-Baby
bekommt Front-Bananen
Roy Blacks Vater Georg Höllerich
erfuhr von der Geburt seines Sohnes in Italien, wo er als Oberfeldwebel der
Wehrmacht stationiert war. Aus Freude über seinen ersten Sohn sandte er so oft
es ging Orangen, Bananen, Zitronen und andere exotische Früchte zu seinem
„Gerhard-Butzele“ nach Straßberg. Sogar italienische Baby-Kleidung legte der
frischgebackene Papa in seine prall gefüllten Versorgungs-Pakete an die
Familie.
Dadurch scheint bei Roy eine
Vorliebe für elegante Kleidung, die er auch später immer bevorzugte, entstanden
zu sein. Sogar in seinem TeenieParty-Keller trug er nicht Jeans, sondern
dunkelblaue Anzüge. Das kleine „Gerhardle“, wie ihn seine Mutter liebevoll
nannte, schlief in einer Himmelbett-Wiege, die mit einem hellblauen Seidenvorhang
verziert war. Roys Mutter, seine Großmutter und sein Großvater mussten während
der harten Kriegszeit zum Arbeiten auf die umliegenden Bauernhöfe oder zu der
beim Nachbarort Bobingen liegenden Chemiefabrik IG Farben, um die nötigen
Lebensmittel kaufen zu können. Hergestellt wurde in der „Fabrik“ Kunstseide,
und auch die Hände von Roy Blacks Mutter und Großmutter sorgten dafür, dass
1943 in der 1G-Farben-Statistik eine „Jahresablieferungsmenge von 2.360.187 kg“
angegeben wurde.
Ab 1944 wurde in der „Fabrik“
cordierte Seide für Flugzeugreifen hergestellt. Zum Stillen war da nicht immer
Zeit, und so musste das „Gerhardle“ immer öfter mit Nestle-Trockenmilch über
die ersten Lebensrunden gebracht werden. Oft packten die Großmutter und die
Mutter in der Werkskantine ihre Essensportionen in die mitgebrachten
Milchkannen und brachten sie nach Hause mit. Es war die Zeit, als die 6. Armee
der Deutschen Wehrmacht in Stalingrad von den Sowjettruppen eingekesselt wurde.
Ein paar Tage vor Gerhard Georg
Höllerichs Geburt hatte Adolf Hitler die „Totale Mobilmachung“ für Deutschland
angeordnet. Es war auch die Zeit, als Erich Kästner nach der Fertigstellung der
Drehbücher für „Münchhausen“ und „Der kleine Grenzverkehr“ wieder mit einem
Schreibverbot belegt wurde. In der New Yorker Carnegie-Hall stellte der
Jazz-Musiker Duke Ellington mit „Blick, Brown, Beige“ seine Jazz-Suite vor. Der
deutsche Schauspielstar Gustaf Gründgens spielte in Berlin den Orest in
„Iphigenie auf Tauris“. Das Trickfilm-Reh „Bambi“ feierte Triumphe in den
amerikanischen Lichtspielhäusern. Luftangriffe auf Wilhelmshaven leiteten die
Tagesangriffe der US-Air-Force gegen das Deutsche Reich ein, und Heinrich
Himmler ordnete die Einrichtung von Bordellen an allen Standorten der Waffen-SS
in Frankreich an. In der Schweiz wurde kurz nach Gerhards Geburt das berühmte
Theaterstück „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bert Brecht aufgeführt, der auch
aus Augsburg stammt.
Roy Blacks junge Mutter trug in
ihren „Wandkalender 1943“, der von der Gauleitung als Weihnachtsgeschenk
ausgegeben worden war, fünf Tage nach dem Vollmond und fünf Tage vor dem
Jubiläum von Hitlers Reichskanzlerschaft (30.1.1933) mit dünner Schrift den
Namen „Gerd“ ein.
Im selben Kriegsjahr wie Gerhard
Höllerich kommen auch die Schlagerstars Manfred Schnelldorfer (Hit: „Wenn du
mal allein bist“), Margit Sponheimer (Hit: „Am Rosenmontag bin ich geboren“),
Toni Astor (Hit: „Hallo, guten Morgen Deutschland!“), Marika Kilius („Wenn die
Cowboys träumen“), Riem de Wolff von den Blue Diamonds (Hit: „Ramona“), Michael
Holm (Hit: „Barfuß im Regen“), Manuela (Hit: „Schuld war nur der Bossa Nova“),
Lena Valaitis (Hit: „Ob es so oder so oder anders kommt“), Conny Frohoess (Hit:
„Pack die Badehose ein“) und in Sizilien Salvatore Adamo (Hit: „Es geht eine
Träne auf Reisen“) auf die Welt.
Auch internationale Pop-Sänger
wie Mick Jagger von den Rolling Stones, George Harrison von den Beatles ebenso
wie die weiße Blues-Shouterin Janis Joplin werden in Roy Blacks Geburtsjahr
geboren. Als der Teenager Gerhard Höllerich durch einen aufmerksamen Blick in
den Schülerkalender von seinen stimmstarken Geburtsjahr-Kollegen erfuhr, stand
für ihn die Entscheidung fest, dass auch er den Weg zur ruhmvollen Sängerkarriere
einschlagen würde.
Roy
Blacks Kindermädchen
Wally Vollmann, die heute noch
in Straßberg lebt, passte in den ersten Lebensjahren von Roy Black hei der
Familie öfter als Kindermädchen auf das „liabe Gerhard-Bobbele“ auf. Während
die Mutter, die Großmutter und der Großvater bei der Arbeit waren, nahm die
10jährige Wally das Gerhard-Baby bei Sonnenschein mit in den Garten und
wickelte ihn auch öfters. Auf dem Land bedurfte es damals dazu keiner großen
Ausbildung. „Der Umgang mit Babys, das lag einem einfach im Blut“, erinnert
sich die temperamentvolle Wally Vollmann an ihren ersten Kindermädchen-Einsatz.
Die kleine Wally hatte ihren Wohnsitz mit ihrer Familie in der Gaststätte
Krone, die auf der anderen Straßenseite von Roy Blacks Geburts- und Wohnhaus
lag.
Später heißt die ehemalige
Krone-Wirtschaft in Straßberg Gasthof Berger und hat in seiner Gaststube eine
Roy-Black-Ecke mit Fotos, Gedichten und Zeichnungen des verstorbenen Samtstimme-Stars.
Wallys Eltern waren die Wirtsleute in der Krone. Als Lohn für ihre
Aufsichtsdienste bekam Wally manchmal eine der heißbegehrten „Front-Bananen“
aus Italien.
Wally Vollmann schildert einen
Zwischenfall beim Wickeln mit dem einjährigen Roy: „Er war ein ganz lebendig’s
Büschle, und oimal mußt i’ ihn in d’r Küch’ auf d’r Eckbank wick’la. Der
Gerhard hat aber dabei so arg rumzappelt, daß er mir unters Kanapee g’rollt
is’. Da hat’r natürlich laut los’plärrt. I’ musst’ mi’ auf ‚n Boden legen und
musst‘ ihn da mit’n wieder rausangel’n.“ Wally Vollmann hat dem kleinen Roy
auch öfters die Nestle-Trockenmilch fürs Fläschchen angerührt. Wally Vollmann
kam aus einer Familie mit fünf Kindern und kannte sich mit der häuslichen
Baby-Pflege schon gut aus. Sie kann sich auch daran erinnern, dass
„s’Gerhardle“ im Höllerich-Garten zwischen den Apfelbäumen manchmal die
Vogelstimmen nachahmte. „Da hat er vielleicht scho’ sein’ schpäter’n
Sänger-Charakter im Blut g’habt“, erinnert sich das ExKindermädle an die
ersten Sing-Versuche von Roy-Baby.
Ab und zu durften auch andere
Dorfmädchen den strampelnden Roy im hellblauen Baby-Westle aus Milano und
„mit einer wirklich putzigen Bommelhaube auf dem lieben Köpfte“ mit dem
Kinderwagen durch das Dorf kutschieren. Einmal bekamen sie „eine Riesenangst“,
als ihnen der Kinderwagen mit der plärrenden Fracht auf der abschüssigen Straße
davonrollte: „Da hab’n wir vor Schreck laut losgschrien.
Aber das Kinderwägele mit dem
Roy drin, das ist immer schneller die Straß’ runterg’rollt.“ Das Schicksal war
aber den erschrockenen Mädchen und dem kleinen Roy gnädig, obwohl in diesem
Moment ein deutscher Panzer, die nahe liegende Dynamit-Fabrik wurde vom Militär
gut bewacht, mit scheppernden Ketten um die Kurve am Ende der Straße rollte.
Beinahe hätte
Nachkriegsdeutschland nie das Lied „Schön ist es auf der Welt zu sein“ aus der
begabten Kehle des Schlager-Prinzen aus Straßberg bei Bobingen vernommen.
„Gott sei Dank kam grad’ die Pfarrhaushälterin aus der Dorfkirche“ und konnte
Roys gefährliche Fahrt beherzt stoppen. Von dieser noch mal gut ausgegangenen
Abfahrt des kleinen Gerharclle im kurzzeitigen Rennwagen auf der Straßberger
Hauptstraße in Richtung Straßberger Schloß haben die Mädchen aber „dem Roy
seiner Mutter nie was erzählt. Die hätt’ uns sonst vielleicht nie mehr auf den
Roy aufpassen lassen, und wir hab’n den kleinen Kerl, der für uns wie eine
lebendige Pupp’n war, doch so gern g’habt!“
Fortsetzung folgt wöchentlich!
Zuerst
auf einer aktuellen Seite und dann auch hier als Zusammenfasssung
2. Kapitel:
Roy Black wächst als Lausbub mitten im Wald auf
(Teil 2)
Roy Black auf dem Holzschlitten
Roy Black hat fast nur Einser
Bild: Konrad Burr, der Lehrer von Roy Black in der Straßberger Volksschule.
Hier fotografiert von Arno Loeb in Burrs Straßberger Wohnung mit einem ihm von seinem ehemaligen Schüler Roy Black persönlich gewidmeten Album.
Es folgt Teil 3
Roy Black zieht aus seinem Dorf in die Großstadt Augsburg
Roy Black wächst als Lausbub mitten im Wald auf
Ein Kuss von dir und ich bin happy!
Die wahre Geschichte von Roy Black
Vom Dorfjungen Gerhard Höllerich zum größten Schlager- und Popstar Deutschlands als Roy Black!
(Teil 2)
Ein schönes Geschenk
Roys erste Schulzeit
Im Herbst 1949 betrat der Dorfjunge Gerhard Höllerin, später als Roy Black bekannt und berühmt, zum ersten Mal die Volksschule in der Waldgemeinde Straßberg im Süden von Augsburg. Mit Schiefertafel und Griffel ausgestattet betrat er mit viel Hoffnung als kleiner ABC-Schütze das Schulhaus, das heute als grünes Haus bei der neuen Kirche und dem neuen Schulhaus an der Frieda-Forster-Straße steht. Papa Georg Höllerich, der nach dem Krieg eine gute Stellung beim Lebensmittelgroßhändler Bernhard Müller Augsburg (BMA) fand, sorgte für eine gut gefüllte Schultüte. Die Straßberger Schulkinder bekamen damals Äpfel und ein Butterbrot für die Pausenmahlzeit mit in ihr Klassenzimmer. Ärmere Kinder erhielten einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg sogar noch die Schulspeisung mit Kakao oder Milchreis. Wenn im Herbst das Holz trocken war, das die Waldarbeiter im Frühjahr in den Schulgarten transportiert hatten, dann mussten Roy Black und seine Klassenkollegen das Holz für die Schulöfen, die im Winter für Wärme sorgten, gemeinsam auf den Dachboden tragen. Das machte auch dem kleinen Schüler Roy Black mächtig Spaß, weil dann immer der Unterricht ausfiel.
Bild: Gerhard Höllerich mit seinem Bruder Walter als Dorfkinder in Straßberg.
Der Schulweg war für Roy Black ganz einfach. Er ging von seinem Wohnhaus in Straßberg nur zweihundert Meter auf der Hattptstraße abwärts und war schon in seiner Schulbank. In dieses Schulgebäude, in dem Roy Black sein erstes Schuljahr verbrachte, kam er nach vielen Jahren mit Filmkameras zurück. Für den Adventsfilm zu seiner neuen Schallplatte „Dein schönstes Geschenk“, die 1969 der Weihnachtsknüller unter dem Christbaum werden sollte, hatte Roy das Filmteam angeregt, für den PR-Streifen doch in seiner ehemaligen Volksschule in Straßberg die Kameras laufen zu lassen. Das war eine Aufregung für die Schülerinnen und Schüler. Die besten Sängerinnen und Sänger der Volksschule wurden herausgesucht, um für den Roy-Black-Film, der im Fernsehen ausgestrahlt wurde, vor der Kamera zu stehen. Roy Black schilderte dem Regisseur seine Gefühle, wie es ist, als berühmter Schlagerstar in das Schulzimmer seiner Kindheit zurückzukommen: „Als Erstklässler war dies hier alles neu und fremd, und ich war richtig gespannt, was die Schule mir zu bieten hat. Mich interessierte einfach alles, was die Lehrer erzählten und was in den Schulbüchern stand. Wenn ich die Kinder jetzt sehe, kommt mir alles noch einmal hoch und mich freut es, den Kindern hier ein unvergessliches Erlebnis durch diese Aufnahmen verschaffen zu können.“
Bild: Roy Black als Filmstar in seinem ehemaligen Klassenzimmer der Volksschule in Straßberg. Links ist der echte Lehrer Konrad Burr, rechts der Schauspieler Theo Lingen, der den Lehrer im Film darstellt.
Bild: Roy Black als Filmstar in seinem ehemaligen Klassenzimmer der Volksschule in Straßberg. Links ist der echte Lehrer Konrad Burr, rechts der Schauspieler Theo Lingen, der den Lehrer im Film darstellt.
Lehrer Konrad Burr fiel auf, „dass der Roy Black ab und zu zum Auffrischen seines Make-ups in der Toilette verschwand.“
Roy Black, der damit schon Erfahrung hatte, dass sich Filmarbeiten durch die Beleuchtungs- und Tontechnikprobleme oft ewig hinziehen konnten, hatte für seine Straßberger Schulkinder einen ganzen Karton Süßigkeiten als Geschenk mitgebracht, die er fleißig verteilte.
Bei dem Roy-Black-Lied „Dein schönstes Geschenk“ geht es um eine Schulstunde, bei der die wichtigsten deutschen Wörter auf Englisch erklärt werden, wobei der fragende Chor die Begriffe auf Deutsch vorsingt und Roy dann auf Englisch antwortet:
„Die Sonne, the sun,
Der Mond, the moon,
die Sterne, the stars,
wir wiederholen...“
Dann trällerten Roy und sein Schülerchor gemeinsam:
„Sonne, Mond und Sterne
sagen aus der Ferne,
denke daran,
es kommt auf die Stunde an,
ganz egal, was du tust auf der Welt, denn bei allem, was du machst, ob du weinst oder ob du lachst, sind die Stunden, wenn jemand an dich denkt, dein schönstes Geschenk ...“
Bild: Roy Black bei Filmaufnahmen in seiner früheren Volksschule im Walddorf Straßberg.
Mit viel Geduld und mit viel Freude dirigierte Roy Black in seinem ehemaligen Erstklässlerzimmer seinen Mini-Sänger-Chor, der schon Wochen vorher die Schallplatten von Polydor als Rohpressung erhalten hatte, um das Lied mit dem Star, der in ihrer Schule vor vielen Jahren ebenfalls Volkslieder wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ singen durfte, ordentlich einzustudieren.
Ab der zweiten Klasse musste der Schüler Roy Black einige Meter weiter zur Schule laufen - den Berg runter und dann den Berg wieder rauf - zur umgebauten Turnhalle am Leitenberg. Durch die Flüchtlingsflut aus dem Osten und die damit verbundenen vielen neuen Kinder in Straßberg reichte das alte Schulhaus nicht mehr aus.
Die Flüchtlingskinder kamen aus drei Barackendörfern. In die Turnhalle wurde eine Decke eingezogen, damit sie durch eine niedrigere Decke leichter zu beheizen war, und sie wurde durch eine Mauer in zwei Klassenzimmer aufgeteilt. Die Schulmöbel stammten aus der ehemaligen Werkskantine der IG-Farben. Die Tintenfässer waren nicht wie üblich in der Schulbank versenkt, sondern wurden schlicht und einfach auf den Tisch gestellt.
In einem Klassenzimmer saßen in der umgebauten Turnhalle bis zu acht Klassen gleichzeitig. Für den Sportunterricht war die umfunktionierte Halle natürlich verloren. Roy Black letzter Volksschullehrer Konrad Burr: „Bei schönem Wetter haben wir auf der Wiese geturnt, und im Winter sind wir mit den Schülerinnen und Schülern zum Schlittenfahren gegangen. Auch Roy Black ist mit seinem Holzschlitten den schneebedeckten Hang hinuntergeprescht.“
Burr, der in der Straßberger Schule eingestellt wurde, als Roy Black in die 1. Klasse kam, schwärmt noch heute von seinem ehemaligen Schüler, seinem „Zugpferd Gerhard Höllerich“, der nur später als Filmschauspieler in Pauker-Filmen seine Film-Lehrer zur Raserei trieb. Konrad Burr, der heute noch in Straßberg lebt, widerspricht hartnäckig allen Gerüchten, dass sein Schüler Gerhard Höllerich schlechte Noten in Musik gehabt haben soll: „Der Roy hatte bei uns immer eine Eins in Musik! Er hatte überhaupt gute Noten, sonst hätte er ja auch nicht die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium geschafft.“ In dem am Rand leicht vergilbten, sorgfältig gelochten DINA-4-Schülerbogen ist Roy Black als Gerhard Höllerich“ mit roter Tinte vermerkt. Konrad Burr, der die alten Straßberger Schüler-Bögen archiviert hat, zeigt heim Übergangszeugnis von Roy Black im Schuljahr 1954 auf die Notenzeile, wo fast nur Einser zu sehen sind. Den einzigen Zweier hat der elfjährige Gerhard in der Straßberger Volksschule nur in „Schrift“. Damit ist die Legende vom „saudummen Schlagerfuzzi“ nicht mehr zu halten. Selbst die „kritischsten Schnulzenstar-Killer“ müssen nun zähneknirschend eingestehen: Roy Black war bereits als einfacher Dorfjunge ein „gut gebildetes Bürschle“.
Bild: Konrad Burr, der Lehrer von Roy Black in der Straßberger Volksschule.
Hier fotografiert von Arno Loeb in Burrs Straßberger Wohnung mit einem ihm von seinem ehemaligen Schüler Roy Black persönlich gewidmeten Album.
Die schriftliche Beurteilung von Lehrer Burr im Übergangzeugnis 1954 war nur voll des Lobes und lautete: „Er ist ein aufgeweckter und selbstständig mitarbeitender Schüler“. „Herzlichen Dank lieber Herr Burr für die gute Grundausbildung - Ihr Gerd Höllerich alias Roy Black“ war die überaus herzliche Widmung, die der einstige Schüler mit dem Spitznamen „Höllerich-Deifl“ als heimgekehrter Star neben sein Foto mit weiß blitzenden Zähnen, Rüschenhemd, schwarzer Samtfliege und weißem Stecktuch im dunklen Anzugsjackett mit viel Schwung auf den Vorabdruck eines Cover-Entwurfes schrieb, das die Plattenfirma kostengünstig nicht nur für die Single „Dein schönstes Geschenk“, sondern auch für die Single „Ich hab’ geträumt, das Glück kam heut zu mir“ und die Langspielplatte „Concerto d’amour“ produzierte, auf dem Roy-Black Titel wie „What shall we do with the drunken sailor“, „Zelle 110“ und „Die Show beginnt“ interpretierte. Außer Roy Black ging nur noch sein Schulfreund Egon Schilling, der heute als Zahnarzt arbeitet, auf ein Gymnasium in der nahegelegenen Großstadt Augsburg.
Es folgt Teil 3
(Alle Rechte: AuBuMu / Arno Loeb)
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Das Video zu "Roy Black wird entdeckt":