Dienstag, 29. November 2016

Alles in Butter mit Luther dem alten Madensack?


Den Comic über Luther zeichneten Tabea Widmann, Nicole Wöhrle, Anna Gumpel, Nina Hirsekorn, Johanna Hühn, Alina Platzer, Laura Türk, Martina Leier, Nathalie Sander, Svenja Mair, Sina Kammerer, Jennifer Bauch, Maria Prünte, Alina Kalacheva, Julia Sprung, Lena Kastner und Franziska Kumscha unter der Leitung ihrer Lehrerin Kirsten Gerhardt.
Ein Produkt der evangelischen Mädchenschule Stettensches Institut in Augsburg. 

Die Luther-Welle schwappt immer stärker über uns hinweg. Im Oktober 2017 wirds dann ganz heftig, weil da vor 500 Jahren der Luther seine aufrührerischen Thesen an die Kirchentüre von Wittenberg genagelt haben soll. Wenn die Evangelen schon keine Papst, keine Heiligen und keine wundertätigen Reliquien haben, dann wenigstens den Reformator Luther.

Vor allem bei uns wird es Luther vorne und hinten geben, weil dieser Provo-Mönch sich in Augsburg mit einem Papst-Legaten namens Cajetan über die richtige Auslegung der Bibel 1518 n. Chr. rumgestritten hat. Bevor die katholischen Knechte ihn schnappen konnten flüchtete Luther damals, der seine unheiligen Thesen bei Cajetans Verhör nicht widerrufen mochte, aus Augsburg durch eine kleine Türe, die man heute noch "Da hinab" nennt, neben einer kleinen Kirche, nicht weit vom Gallusbergle, beim Stephingerberg.

Im Luther-Comic wird nicht verschwiegen, dass Luther die Juden verdammte und nichts dagegen hatte, dass Frauen als angeblichen Hexen ins Feuer geworfen wurden. Und bei den Bauernkriegen zog er feige den Schwanz ein, als es gegen die ausbeuterischen Herrschaften ging. So wurde er zum Speichellecker der asozialen Adligen, die auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung lebten, sich Privilegien raubten und die mit Waffengewalt unterdrückte Bevölkerung dazu noch quälten um sich im geklauten Wohlstand suhlen zu können.

Hier macht der Stetten-Comic nach ein paar Gramm Verständnis für die hungernde Bevölkerung, die sich auf Luther und seinen Gerechtikeitssinn beruft, leider eine arschkriecherische Kurve zur Obrigkeit, im Sinne von Luther, der sich ja unter falschem Namen im Schutz eines Fürsten auf der Wartburg verkrochen hatte.

Luther forderte die Bauern auf, die Waffen niederzulegen, doch erntet von ihnen Hohn und Spott. Es entsteht die wüste Schrift: Wider die Mordischen und Räuberischen Rotten der Bauern!", erfahren wir im Comic der Stetten-Girls. Warum sie wüst ist, erfahren wir jedoch nicht.

Luther bekam Schiss vor seiner eigenen Courage, vor einer Revolution von unten - wie sie später von den Franzosen und den Amis vollzogen wurde - und forderte damals die kriminellen Fürsten und ihr bezahltes Militär (das Geld dafür stammte letztendlich von der Arbeit der Bauern) zu der Gewalt auf, die er den Gerechtigkeit suchenden Bauern nicht gönnte und hetzte mit Schaum vorm Mund: „Man soll sie (die Bauern) zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“.

Damit macht Luther das was die Kirchenoberen meistens gerne machen: Ein Herz und eine Seele sein mit der ungerechten weltlichen Obrigkeit, damit sie auch am geraubten Wohlstand und der Macht teilhaben können.

Gegen die Bauern, die Juden und die angeblichen Hexen
gebärdete sich Luther wie ein Hassprediger.

Abschreckendes Beispiel war für Luther und seine Augsburger Fans der Fall Jan Hus. Der Kirchen-Reformator Hus, der kritisierte, dass die Kirche ihren Besitz mehre, viele Priester habsüchtig seien und forderte, dass man sich in Kirchenfragen auf die Bibel berufen sollte und nicht auf die Amtskirche bzw. den Papst, denn diese sei bestechlich und gar nicht so gottgefällig, wie sie immer tat, wurde einige Jahre früher auf dem Konzil in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt, obwohl ihm der katholische Kaiser freies Geleit versprochen hatte.

Jedenfalls wurde Augsburg durch Luthers angeschobene Reformation eine protestantische Stadt. Jedoch reiche Pfeffersäcke wie der blutsaugerische Fugger-Clan blieben katholisch wie der Kaiser. Da war dann viel Ärger für die Freie Reichsstadt programmiert, die nur dem Kaiser untertan war.

Wir wären gerne ein bissle geschockt worden vom Comic. 
Augsburgs Theologie-Spezialist Alois Knoller, meint zu dem Comic über Martin Luther, den Schülerinnen des Stetten-Instituts zeichneten: "Mit lockerer Hand, respektlos und humorvoll dabei gut informiert über die historischen Fakten nahmen sich die Schülerinnen des ehrwürdigen evangelischen Gymnasiums Leben und Werk des Reformators vor ..."

Jegliche Sünde, auch Mord, konnte durch einen gekauften Ablassbrief getilgt werden. Und so landete der Mörder nicht im Fegefeuer. Behaupteten jedenfalls Ablasshändler wie ein gewisser Tetzel. Das war für Luther ein Schwindel. Mit dem Ablasshandel finanzierten die Päpste den Bau des Petersdoms in Rom und zahlten auch die Kredite an Fugger zurück.

Da schließen wir uns doch gerne - halbwegs - an. Auch wenn wir natürlich mehr Sex in dem Stetten-Comic erwartet haben. Wir wissen ja aus eigener Erfahrung, dass die Girls aus dem Stettenschen Institut zu den heißesten Mädels in und um Augsburg gehören. Augsburgs Boys lecken sich nicht nur die Finger nach ihnen ab. Typisch Christentum halt: Blutige Gewalt abbilden, samenlastigen Sex möglichst nicht. Jesus darf ans Kreuz genagelt leiden und sterben, aber mit seiner Magdalena darf er nicht vögeln. Immerhin hatte Luther zum Thema Matratzensport und Beischlafhäufigkeit gemeint: "Der Woche zwier, macht im Jahre hundertvier, schadet weder ihm noch ihr!" Soll heute noch bei einigen Ehepaaren so gehandhabt werden.

Aber, naja, wie soll das auch richtig Wildes in den Comic reinkommen, wenn der Schulleiter des Mädchen-Gymnasiums Gerhard Schröder (ein Mann!) und die evangelische Pfarrerin Silke Kirchberger das Vorwort geschrieben haben? Selbstzensur ist die beste Zensur. 

Immerhin hatten Luther und seine Frau sogar Zuschauer beim Sex. Ein einziges Mal, ja. In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 1525. Im Schlafzimmer der beiden Geschlechtsverkehrer dabei waren (mindestens) der Jurist Justus Jonas und der Pfarrer Johannes Bugenhagen. "Luther hat Katharina von Bora zur Frau genommen. Gestern war ich zugegen und sah das Paar auf dem Brautlager liegen. Ich konnte mich nicht enthalten, bei diesem Schauspiel Tränen zu vergießen" berichtete Justus Jonas beim festlichen Frühstück am folgenden Morgen.




Gut, Gewaltszenen sind ja einige drin. Gegenseitiges Abschlachten von Katholiken und Protestanten. Aber beim Sex zwischen Luther und seiner Ex-Nonne wird leider schnell der Vorhang zugezogen. Schade. Hey, Stetten-Girls, so gschamig kennen wir Euch gar nicht. 

War Luthers geliebte Nonne Katharina von Bora eine Vorläuferin von Lara Croft?

Wir sind sicher, unser Rocker Linus Förster wird sich diesen Luther-Comic nicht kaufen. Außer die abgebildete Super-Nonne ist noch minderjährig.

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Im Jahre 1522, auf dem Höhepunkt der Reformation, als noch alles möglich war, meinte Martin Luther: „Ich bitte, man wollt meines Namens geschweigen und sich nicht lutherisch, sondern Christen heißen. Was ist Luther? Ist doch die Lehre nicht mein. So bin ich auch für niemand gekreuzigt. Wie käme denn ich armer stinkender Madensack dazu, daß man die Kinder Christi sollte mit meinem heillosen Namen nennen?"
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Martin Luther - Der Comic - aus dem Wißner-Verlag ist in Augsburger Buchhandlungen erhältlich.


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