Donnerstag, 1. September 2016

Tinnitusanfall - geliebte Menschen verloren - Jetzt spricht Bernd Beigl über das Schicksal der Kulturküche

Die Kultur-Küche in Augsburg mit Mitarbeitern aus verschiedenen Ländern war ein Idee von Bernd BeiglEr wurde schon öfters für seinen Multikulti-Projekte ausgezeichnet. Allerdings lief etwas schief mit der Restaurant-Kneipe im Augsburger Kulturhaus Kresslesmühle, die schließen musste.
Brnd Beigl vor dem Büro seiner Kultur-Küche-Firma.

Hier eine selbstkritische Stellungnahme von Bernd Beigl zu den Geschehnissen um seine Kultur-Küche:

Nach vielen Wochen der Ungewiss- und Halbwahrheiten und Flurfunke finde ich es ist heute an der Zeit, Fakten zu nennen und Farbe zu bekennen.

Durch eine Vielzahl von selbstverschuldeten aber auch unglücklichen Umständen ist die Kulturküche gGmbH in den vergangen Monaten in eine Zahlungsunfähigkeit gerutscht. Am 18. Juli hab ich als Geschäftsführer deshalb die Notbremse gezogen und Insolvenz angemeldet, die letztendlich nun am 1.9. auch eröffnet wird. Das neue Insolvenzrecht gibt es her, durch Umstrukturierungen Betriebe zu retten.

In den vergangenen Wochen haben wir deshalb fast rund um die Uhr Gespräche und Verhandlungen geführt und das Ergebnis kann sich sehen lassen: 


ES GEHT WEITER !!

Konkret konnten wir 75 % der Kunden und auch ca. 30 Arbeitsplätze erhalten.........kompakter, zentrierter und kostengünstiger ist unser Ziel...und unter Umständen erreichen wir dieses Ziel sogar noch erfolgreicher!

Auf der Strecke blieb dadurch der ursprüngliche dezentrale Ansatz und die dadurch resultierenden wohnortnahen Arbeitsmöglichkeiten...... es war ein hehres Ziel, aber irgendwann holt der Markt dich ein.

Ich möchte es hier nicht versäumen, mich nochmals bei allen Kunden für die entstandenen Unannehmlichkeiten und die Kurzfristigkeit zu entschuldigen. Wir bedauern dies sehr.

Gleichzeitig gibt es aber auch Menschen, die mir in diesen unendlich schweren Stunden, Tagen und Wochen beigestanden und die mir Mut zugesprochen haben. Besonders bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchte ich mich bedanken; bedanken, dass sie durchgehalten haben und immer zu mir und zum Unternehmen Kulturküche gestanden sind.

Viele Kunden haben uns kontaktiert, angerufen und Mut zugesprochen. Ohne den Zuspruch dieser Menschen, hätte ich vermutlich schon länger aufgegeben.

Aber auch die Stadtsparkasse Augsburghat uns nicht ganz fallengelassen und vor allen Dingen die vorübergehenden Isolvenzverwalter von anchor haben mir Mut zugesprochen. Danke !!

Natürlich geht so eine Krise nicht spurlos vorüber. Und ich möchte niemand eine solche Zeit wünschen; und ich bin nur froh wenn das alles vorbei ist.

Vielleicht wäre sogar ein früheres Loslassen vernünftiger gewesen; man sollte sich hier (als Außenstehender) eine Krake vorstellen, die dich dermaßen im Würgegriff hat, dass für vielleicht noch wichtigere, gleichzeitige zu lösende (private) Umstände im Leben nicht die notwendige Kapazität und Kraft da ist. Schwer nachzuvollziehen, ist aber so; und Ich habe einen zusätzlich hohen Preis bezahlt weil ich auch geliebte Menschen dadurch verlor. Das ist ganz schwer zu verkraften.

Allerdings: Persönlich werde, und muß ich mich in den kommenden Wochen und Monaten neu sortieren. Ist zwar außer einem akuten Tinnitusanfall vor zwei Wochen, einer nicht mehr zu gebrauchenden Matratze von durchschwitzten Nächten und Appetitlosigkeit ist, Stand heute, nichts zurückgeblieben..,,und das ist das Positive und das soll auch so bleiben.

Meine Arbeit, mein Engagement für das Unternehmen endet nicht mit dem heutigen Tag. Ich werde auch die kommenden Wochen versuchen mitzuhelfen, den Betrieb wieder in ruhigere Wasser zu bekommen....und auch darüber hinaus an Bord sein.


* Amor fati ist aus dem Latein und laut Friedrich Nietzsche die Formel zur Bezeichnung des höchsten Zustands, den ein Philosoph erreichen kann....nämlich: Die Liebe zum Schicksal



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War das geschäftsschüdigend?
Beigls Kritik an der Berichterstattung:

Sehr geehrte Redaktion !

Bezüglich Ihres Berichts erlaube ich mir noch ein paar Anmerkungen: Richtig ist, dass ich als Geschäftsführer der gemeinnützigen Kulturküchen GmbH zum 31.07. die Reißleine gezogen habe. In “Sachen” Kresslesmühle ist ansonsten inhaltlich sicherlich alles richtig beschrieben.

Allerdings möchte ich betonen, dass es unserer Einrichtung in den vergangenen 9 Jahren gelungen ist, weit über 100 ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter- und auszubilden und schließlich in den regulären Arbeitsmarkt überzuführen. Seit einiger Zeit bieten wir auch anerkannten Asylbewerbern die Möglichkeit sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zurechtzufinden. 

Nebenbei wurden durch die Kulturküche bzw. mich noch viele andere Projekte und Initiativen in die Augsburger Welt gesetzt. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass dabei auch mal eine Sache “daneben” gehen kann.


Da unser sozialer Betrieb seit der Gründung ohne staatliche oder städtische finanzielle Unterstützung, Spenden etc. auskommt (auch zum Beispiel bei der Renovierung und Einrichtung der Kresslesmühle ! ), liegt es auf der Hand, dass es schlicht unmöglich ist, einen unrentablen Geschäftszweig weiterzuführen. 


Die Kulturküche konzentriert sich deshalb in Zukunft wieder auf ihr Kerngeschäft: die Integration, Schulverpflegung und das Catering.

Ein Motto von mir heißt: Der Blick über den Tellerrand ermöglicht nicht nur einen neuen Horizont, er zeigt auch die eigenen Begrenzungen auf.

Deshalb ist es für mich als Geschäftsführer auch kein Problem, durch zwei AZ-Berichte persönlich kritisiert zu werden.

Bedauerlicherweise kamen die beiden Reportagen anscheinend bei einigen Kunden sehr negativ an.

Seit vergangenen Donnerstag haben wir nämlich alle Hände voll zu tun, verunsicherte und stornierende Kundschaft, die davon ausgeht, dass die Kulturküche insgesamt "von der Pleite" betroffen ist, vom Gegenteil zu überzeugen.

Richtig ist auch, dass ich mich bei der Stadt entschuldigt habe. Ebenso habe ich mich aber auch bei den langjährigen Mitarbeitern um Entschuldigung gebeten, die durch das mediale Echo extrem verunsichert sind. Gerne möchte ich mich auf diesem Weg auch ganz öffentlich bei meinem Personal für seine hervorragende Arbeit bedanken.

Ich persönlich, aber vor allen Dingen auch unsere Belegschaft, bedankt sich schon mal im vorab für ein paar positive, erklärende Sätze in der Augsburger Allgemeinen. Im besten Falle kommt dadurch ja sogar jemand auf die Idee, unser Projekt zu unterstützen.

Beste kulinarische Grüße

Bernd Beigl

Soziokulturelle Animation und
Quartiersmanagement
www.augsburglebt.de
 

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