Wir können es nicht fassen, was die Augsburger Zeitung "a3kultur" und ihr Herausgeber über den Augsburger Bau- und Kunsthelden Prof. Dr. Ignaz Walter und den Glaspalast sagt:
"Die Besucher meiden sein Kunstmuseum im Glaspalast. Doch damit befindet der reiche Sammler in guter Gesellschaft. Mit seinen internationalen Bauprojekten verdiente Ignaz Walter ein Vermögen. Er schuf einen gewaltigen Konzern und als dieser auf den sich wandelnden Märkten nicht mehr bestehen konnte und auseinanderbrach, da hatte der Privatmann Walter über Jahre hinweg
längst eine beachtliche Kunstsammlung zusammengetragen.
Ein Mann wie Walter mietet sich für seine Sammlung keine Räume. Er erfindet dafür einen Palast neu und richtet dort ein Museum ein, das seinen Namen trägt. Seit zwölf Jahren ist er Besitzer des Glaspalasts, einer ehemaligen Baumwollspinnerei im Augsburger Textilviertel.
Im Erdgeschoss dieser imposanten Immobilie hat die Stadt vor einigen Jahren das H2 angesiedelt, ein Zentrum für Gegenwartskunst sollte es werden. Aus München zog die Pinakothek der Moderne nach und eröffnete als Zweigstelle eine Staatsgalerie für moderne Kunst. Weitere Mieter der weitläufigen Anlage sind ein Restaurant und ein Tanzstudio, beides für den gehobenen Anspruch, sowie eine naturgegebene Zahl an Anwaltsunternehmungen, die den Charme einer solchen Adresse in Euro und Cent benennen können.
Wir haben also einen König samt Palast und viele kostbare Schätze, die darin verborgen liegen. Warum aber gibt es bei dieser Geschichte kein Happy End? Warum will niemand die Kunst im Glaspalast besuchen kommen? Nicht die im H2, nicht die in der Staatsgalerie und auch nicht die im Museum Walter? Obwohl diese drei Einrichtungen in demselben Segment arbeiten, könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Sie vereint neben der gleichen Adresse vor allem ein Problem: Die Besucher lassen den Glaspalast links liegen. Sehen wir uns die Situation zuerst einmal von außen an, stellen wir fest: Der Glaspalast liegt zu weit ab vom Schuss.
Das beeindruckende Gebäude definiert das nördliche Ende einer städtebaulichen Wüste, die man Textilviertel nennt. Dieser Stadtteil wurde nach dem Niedergang des Industriezweigs, der ihm seinen Namen, gab von Politikern und Spekulanten systematisch unter Beschuss genommen. Ein Trommelfeuer, das bis heute anhält. Es verblüfft nicht wirklich, dass in diesem Kontext auch der Name Walter eine Rolle spielt. Die Stadt hat es zu keiner Zeit geschafft, ein wirklich lebenswertes Konzept für diese alte Arbeitergegend vorzulegen. Interessante Vorschläge vonseiten der Bevölkerung lägen jedoch parat.
Heute ist der Glaspalast vom Königsplatz aus gesehen ebenso gut zu erreichen wie das Schlossmuseum in Friedberg oder die Stadthalle in Gersthofen – nur dass die erwähnten Kulturstätten den Vorzug genießen, nicht mittels einer vierspurigen Schellstraße vom jeweiligen Stadtkern abgeschnitten zu sein. In puncto Erreichbarkeit macht der Glaspalast also keinen Stich.
Besuchen wir also die Kunsträume in den ehemaligen Fabrikhallen. Machen wir zu Beginn der Runde einen Anstandsbesuch bei den Kollegen aus München. Seit bald 16 Monaten ist hier auf 1.500 Quadratmetern lichtdurchfluteter Ausstellungsfläche die letzte Reminiszenz an die Landesausstellung 2010 »Bayern – Italien« zu bewundern. Ob die Münchner ihre »Giro d’Italia«-Schau schlicht vergessen haben oder ob sie nur keinen Sinn darin sehen, ihre grabesruhige Zweigstelle in Augsburg zumindest einmal jährlich mit frischer Ware aus den reichen Hauptstadtarchiven zu versorgen, ist ein Staatsgeheimnis.
Mit dieser Politik leisten sie auf alle Fälle keinen gelungenen Beitrag zur Etablierung eines von ihnen versprochenen »Zentrums für Gegenwartskunst« im Glaspalast.
Von der Galerie Noah gelangt man auch direkt in das auf zwei Etagen untergebrachte Museum Walter. In den Kunsthallen angekommen, stellt sich wohl manchem von den wenigen Besuchern nach kurzer Zeit die Frage, was ihm hier als Gast abgehen mag, was ihm als Betrachter zum wahren Kunstgenuss noch fehlt. So viel ist sicher, die Qualität der gezeigten Arbeiten ist es nicht. Warum also wirkt die Präsentation nicht so geglückt, wie man es sich wünschen möchte? Steckt zu viel von Walters Persönlichkeit hinter dem Ausstellungskonzept?
Handelt es sich hier um einen Fall von Beratungsresistenz, ohne die es ein Mann wie Walter allerdings nie vom einfachen Arbeiter zum Imperiumslenker geschafft hätte? Wer weiß. Eines ist sicher: Das Auge des Besuchers fordert heute leichtere, verspieltere und mitunter auch weniger belehrende Ausstellungskonzepte, als es im Kunstmuseum Walter zurzeit der Fall ist.
Eine knappe halbe Million Euro schoss Walter nach eigenen Angaben jährlich seinem Museum zu. Damit soll nun bald Schluss sein. Vernünftiger wäre es, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken und den Zuschuss für das Haus einmalig um 50 Prozent zu erhöhen. Mit diesem Betrag ließe sich für seine Kunsträume ein zeitgemäßes Präsentationskonzept entwickeln und es bliebe noch Etat für eine gemeinsame Vermarktungsstrategie des Glaspalastes übrig. Doch dafür müssten seine beiden Mieter aus dem Erdgeschoss erst einmal mitspielen. Und wer weiß schon, ob die nicht andere Pläne haben."